Artenrückgang in Europa oder „Eine ökologische Katastrophe im ländlichen Raum“

Beitrag des Deutschlandfunks vom 12.01.2016

„Rebhuhn, Feldlerche, Kiebitz und andere Arten seien bald für immer aus Deutschland und Europa verschwunden, warnt Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund. Er fordert im DLF ein Ende der "pauschalen Gießkannensubventionen" für Landwirte und eine Neuausrichtung der EU-Förderpolitik.“

Ganzer Beitrag: www.deutschlandfunk.de/artenrueckgang-in-europa-eine-oekologische-katastrophe-im.697.de.html?dram:article_id=342256

Lutschetal (zwischen Brahmenau und Schwaara)
Foto: Leo/fokus-natur.de

Konstantin Kreiser im Gespräch mit Britta Fecke

[…]

Britta Fecke: Bei den Impressionisten waren sie ein beliebtes Motiv, Mohnblumen, die ein Weizenfeld rot färbten, Kornblumen, die sich im Wind wiegten, blau wie das Meer. Diese Motive findet man bei Monet, Renoir, auf französischen, spanischen oder deutschen Getreideflächen sieht man sie kaum noch. Wenn, dann beim Biobauern. Doch ein Großteil der europäischen Ackerflächen wird inzwischen konventionell bewirtschaftet und das beinhaltet eine derart intensive Nutzung des Bodens, einen so hohen Einsatz von Pestiziden, chemischem Dünger und Gülle, dass Kamille, Kornblume und Co. keine Chance mehr haben, […]
Zur Stunde wird in Berlin die europäische Studie zur Artenerosion in Europas Agrarlandschaften vorgestellt. Einer der Referenten ist Konstantin Kreiser, Teamleiter für EU-Naturschutzpolitik beim NABU. Herr Kreiser, wie steht es denn um die Biodiversität auf europäischen Äckern und landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen?

Konstantin Kreiser: […] Wir haben es mit einem sich tatsächlich beschleunigenden Artenschwund zu tun, vor allem in der landwirtschaftlich geprägten Landwirtschaft. Denn während unsere Naturschutzgebiete und auch EU-finanzierten Artenhilfsprogramme zu wirken beginnen, macht die Art, wie unser Land überwiegend bewirtschaftet wird, diese Erfolge zum großen Teil wieder zunichte, oder wie gesagt verschärft sogar das Artensterben weiter. Wir haben Bestände von Arten, die früher jeder kannte, die häufig waren, wie das Rebhuhn, das auch gern gegessen wurde, das in Kochbüchern auftaucht, wie die Feldlerche, den Kiebitz. Diese Bestände befinden sich im freien Fall. In den letzten 25 Jahren sind 94 Prozent der Rebhühner bei uns verschwunden, ein Drittel der Feldlerchen, drei Viertel der Kiebitze. […]

60 Milliarden Euro Steuergeldern pro Jahr – ohne Gegenleistung

Fecke: Wie hat sich denn die EU-Förderpolitik geändert in den letzten zehn Jahren, sodass das Artensterben damit einhergehen konnte?

Kreiser: Die EU-Förderpolitik, die EU-Agrarpolitik wird im Prinzip alle sieben Jahre reformiert und überprüft und diskutiert und immer wieder wurde daran herumgeschraubt. Zunächst einmal wollte man die Butterberge und Milchseen eindämmen, hat dann nicht mehr die direkte Produktion gefördert, sondern verteilt die Steuergelder jetzt pro Hektar. Es ist jetzt so: Ein Hektar Agrarfläche erhält in Deutschland circa 300 Euro vom Steuerzahler, egal was dort passiert, ohne wesentliche Gegenleistungen. Gleichzeitig schaffen wir es nicht, nicht mal die 80 Euro pro Hektar aufzubringen, die ein Naturschutzgebiet bräuchte, um wirklich geschützt zu werden. […]“

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