Jede fünfte einheimische Libellenart vom Aussterben bedroht: Experten tagten in Lübeck

Experten: 20 Prozent der einheimischen Libellenarten vom Aussterben bedroht

Großes Moosjungfern-Männchen (Leucorrhinia pectoralis)
Foto: Leo/fokus-natur.de

28.03.2011 / Umwelt

Hubschrauber unter den Insekten

Von Dieter Hanisch, Lübeck

Die Libelle rückt zunehmend in den Fokus der Forschung, denn sie ist ein exzellenter Indikator für den Wandel von Natur, Umwelt und Klima. Die eleganten Insekten standen vergangene Woche im Mittelpunkt der 30. Tagung der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen (GdO) in Lübeck.

Ihre Flugeigenschaften machen die Libellen zu Hubschraubern unter den Insekten. Die Biologen ziehen einen lateinischen Bezug auf die kräftigen Mundwerkzeuge der Tiere vor und nennen die Libellen "Odonata". Ein Schwerpunkt der GdO-Tagung war die Kartierung des Bestands für einen Deutschland-Atlas. Europäische Nachbarn wie Polen, Großbritannien oder Tschechien haben bereits solch eine Bestandsaufnahme, während Deutschland hinterherhinkte.

Gemeine Smaragdlibelle
Foto: Pröhl(/fokus-natur.de)

Inzwischen fehlen nur noch die Daten aus Hamburg und Sachsen-Anhalt. Deutschlandweit hat die GdO 81 Arten dieser faszinierenden Flieger registriert, die eine Geschwindigkeit von bis zu 50 Stundenkilometern erreichen können. Weltweit sind rund 4700 Arten bekannt, die Flügelspannweiten bis zu 190 Millimeter aufweisen können. Seit 150 Millionen Jahren existieren diese Insekten mit dem so biegsamen Leib und einem so praktischen Flugapparat. Die geschickten Flieger können in der Luft zum Stillstand kommen, weil sich beide Flügelpaare unabhängig voneinander bewegen lassen, was dann auch eine blitzartige Änderung der Flugrichtung ermöglicht.

Natürliche Feinde von Libellen sind in erster Linie Eisvögel, Baumfalke und Eidechse. Allein diese Aufzählung zeigt, dass das Vorkommen von Libellen ein Indiz intakter Ökosysteme ist. Inzwischen ist auch der Mensch durch die Veränderung von Landschaften zu einem Feind der Libelle geworden, sei es durch Flussbegradigungen für die Schifffahrt oder das Trockenlegen von Mooren. Umgekehrt profitieren die wenigen Flieger aber auch von der verbesserten Wasserqualität von Rhein, Elbe und Mulde in den letzten 25 Jahren, wie sich am Libellennachwuchs feststellen lässt. Trotzdem sind 20 Prozent der hier lebenden Arten vom Aussterben bedroht.

Neben eher sesshaften Arten mit kleinen, begrenzten Lebensräumen gibt es auch Wanderlibellen, die Hunderte von Kilometern zurücklegen. Aufgrund der Klimaerwärmung hat beispielsweise die Rote Feuerlibelle, die ursprünglich aus dem mediterranen Raum stammt, ihr Aufenthaltsgebiet bis hoch nach Dänemark ausgedehnt. Die Wanderzüge können heutzutage mit modernster Technik verfolgt werden, indem am Chitin-Skelett winzige Sender samt Batterie, die höchstens 0,3 Gramm wiegen, angebracht werden. In Italien und in den USA kennt man bereits entsprechende Versuchsreihen.

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