Problematischer Neubürger

Rasante Ausbreitung des Orientalischen Zackenschötchens

Naturschutzgebiet Pennicketal (Jena)

Wer diese Tage aufmerksam durch das Land fährt, wird die vielerorts üppig blühenden Bestände des Orientalischen Zackenschötchens (Bunias orientalis) wahrnehmen – nicht mit Raps zu verwechseln, dessen Blüte bald vorbei ist. Die Art hat sich in den letzten Jahren in Ostthüringen rasant ausgebreitet. Die Ursachen sind vielfältig. Diskutiert werden veränderte Landnutzung, massive Nährstoffeinträge, jahrelange Untätigkeit seitens Landmanagern und Behörden sowie weitere Faktoren.
Dr. G. Brehm von der Universität Jena schreibt hierzu: "Wer die Pflanze für harmlos hält, weil sie vorwiegend ohnehin nährstoffreiche Standorte bevorzugt (die naturschutzfachlich weniger interessant sind) sollte sich im Saaletal umschauen. Die Pflanzen erobern von den fetteren Standorten auch die trockeneren Wiesen und Halbtrockenrasen. Ungünstige Pflegeregime mit Schafen, ungünstige Mahdzeitpunkte und Mulchen haben die Ausbreitung beschleunigt. Durch 'kontaminierte' Bodentransporte finden sich die Pflanzen inzwischen an jeder Baustelle in Jena, an jedem Verteilerkasten und Telegrafenmasten, der neu gesetzt wird. Feldrandstreifen bestehen vielfach nur noch aus Zackenschoten und ein paar Gräsern und Brennessel.

Anbei ein Bild aus dem Naturschutzgebiet Pennickental in Jena für einen Eindruck, was passieren kann. Das sieht hübsch aus, ist aber ein Desaster für die biologische Vielfalt des Gebietes.

In Thüringen muss bei diesem Problem dringend gehandelt werden. Zum einen müssen wir die Naturschutzgebiete und andere wertvolle Naturflächen vor dem weiteren Vordringen bewahren. Zum anderen muss durch Aufklärung und andere Maßnahmen erreicht werden, dass der extremen Ausbreitungsdynamik der Pflanze ein Riegel vorgeschoben wird. Wir haben in Jena z.B. ein Informationsblatt aufgelegt und führen Bekämpfungsaktionen mit Freiwilligen durch. Zudem haben wir mit den städtischen Betrieben und vielen Landbesitzern über die richtige Mahd von Bunias gesprochen. Da das Problem auch viele andere Gebiete in Thüringen betrifft, sollte dies aber weitere Kreise auf Landesebene ziehen.

Das Faltblatt (elektronisch) finden Sie hier (eine Auflage für andere Gebiete ist nach Absprache problemlos möglich und kostengünstig):
www.phyletisches-museum.uni-jena.de/ausstellung-aktuelles.html

Konkret für dieses Jahr empfehlen wir Bunias ab sofort und so flächendeckend wie möglich zu mähen. Zur Zeit sind die Pflanzen gut zu erkennen und sie haben noch keine Samen ausgebildet. Im optimalen Fall werden die Pflanzen zu einem Zeitpunkt gemäht, an dem sie keinen zweiten Blühtrieb mehr bilden (im Raum Jena rechnen wir damit um die Monatswende zum Juni, eine ca. 2wöchige Phase). Andernfalls ist eine weitere Mahd (ggf. selektiv) erforderlich. Eine Mahd nach Einsetzen der Samenreife ab ca. Anfang Juni führt zu weiterer Vermehrung der Pflanzen. Der 'worst case' ist das Mulchen im Juli, welches die Ausbreitung maximal begünstigt. Weiterentwicklung zu Wald ist eventuell punktuell eine Option.

In Jena beginnen wir jetzt auch mit einer wissenschaftlichen Bearbeitung des Phänomens Zackenschote. Bitte leiten Sie diese Informationen wenn möglich auch an andere zuständige Behörden, Landnutzer, Naturschützer etc. weiter."


Für Rückfragen: Dr. Gunnar Brehm, Institut für Spezielle Zoologie mit Phyletischem Museum
Vor dem Neutor 1, 07743 Jena
gunnar.brehm@uni-jena.de

www.phyletisches-museum.uni-jena.de

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