Tausende Zauneidechsen dürfen ihr Zuhause nicht verlieren

Der NABU fordert Bauerfeind auf, einen umweltverträglicheren Standort für sein Firmengelände in Gera zu wählen

Zauneidechse (Lacerta agilis )
© Foto: Frank Leo/fokus-natur.de

Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Jena – Durch die angedachte Neuansiedelung des Unternehmens Bauerfeind in Gera, im Stadtteil Bieblach-Ost, sieht der NABU Gera-Greiz die Existenz von tausenden Zauneidechsen und vielen anderen Arten bedroht. „Zauneidechsen zählen zu den FFH-Arten und sind durch das EU-Recht und Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Auf dem Gelände, auf dem das Unternehmen seinen neuen Standort plant, kommen etwa 2.000 Exemplare dieser Tierart vor“, sagt Andreas Martius, der Vorsitzende des NABU Gera-Greiz. „So viele Tiere kann man nicht umsetzen und an einen anderen Ort bringen, ohne ihnen zu schaden.“ Der Schutzstatus der Zauneidechse legt per Gesetz ein Verschlechterungsverbot für deren Status und Lebensraum fest. Die Eidechsen haben auf dem Areal Bieblach-Ost hervorragende Lebensbedingungen. Die teilweise trocknen und warmen Lebensräume bieten aber auch vielen anderen Arten wie verschiedenen Fledermäusen und Vögeln ein Zuhause. Die Zauneidechse repräsentiert nur die Spitze eines in unserer ausgeräumten Landschaft seltenen Lebensraumtyps. Der NABU Gera-Greiz und andere Umweltverbände sehen das Unternehmen in der Pflicht, sich für einen der angebotenen Alternativstandorte zu entscheiden. Der NABU-Kreisvorsitzende gibt zu bedenken: „Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir mitten in einer Arten-, Natur- und Klimakrise stecken. Eine Art nach der anderen stirbt uns auf diesem Planeten weg und mit unserer Lebensweise bedrohen wir letztendlich auch uns selbst. Ein modernes Unternehmen wie Bauerfeind muss Verantwortung zeigen und kann ohne große Probleme einen umweltverträglicheren alternativen Standort für sein Unternehmen im Raum Gera in Betracht ziehen. Es ist immer dieselbe alte Leier: Wir sind alle für Naturschutz, solange er nicht unsere Interessen berührt. Doch das reichte bisher nicht aus – deshalb gibt es die FFH-Richtlinie.“


Zauneidechse (Lacerta agilis )
© Foto: Frank Leo/fokus-natur.de

Artsteckbrief

Kennzeichen: Große, plump und gedrungen wirkende Eidechse, kurze und kräftige Beine und auffällig großer hoher Kopf. Charakteristische Rückenzeichnung mit drei weißen Linienreihen, setzen sich aus Einzelflecken zusammen, von beigen Seitenbändern gefasst, seltener und lokal verbreitet Exemplare mit einem einfarbig braun bis rotbraunem Rückenband, ‘erythronotus’-Variante innerhalb von Populationen im östlichen Deutschland, daraus resultierende Unterart L. a. argus wird in Frage gestellt.

Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Größe: Kopf-Rumpflänge der ♂♂ 85 - 90 mm und der ♀♀ 85 - 96 mm, Gesamtlängen beider Geschlechter etwa gleich, 190 - 226 mm (Maximum in Deutschland 240 mm Gesamtlänge und 18,6 g).

Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Geschlechtsunterschiede Frühjahr und Sommer: ♂♂ Kopf größer, kantiger, zur Paarungszeit Flanken und Kopfseiten häufig intensiv grün gefärbt und Schwanzwurzel verdickt (Hemipenes), Unterseite grünlich und schwarz gefleckt, ♀♀ Kopf deutlich kleiner, Oberseite bräunlich, beige bis grau gefärbt. Unterseite gelblich und nur schwach gefleckt. Jungtiere deutlich kleiner, bräunlich bis hellbeige gefärbt, an den Flanken in Längsreihen angeordnete Augenflecken (Ozellen).

Zauneidechse (Lacerta agilis )
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Habitat: Offene und sehr strukturreiche Flächen mit häufigem Wechsel von lichten und dichten Vegetationsstrukturen zur Flucht und Thermoregulation sowie mit offenen vegetationsfreien Bereichen zur Eiablage, wärmegetönte lineare Randstreifen bevorzugt („Zauneidechse“), liebt sandige Flussauen, steppenartige Bördelandschaften, Pionierart und Kulturfolger, sonnige Habitate wie Steinbrüche, Sand- und Kiesgruben, vegetationsarme Brach- und Ruderalflächen, Bahndämme sowie Gärten, Äcker und Felder.

Aktivität: Winterruhe (Mitteleuropa) witterungsabhängig von Oktober bis Ende März, meist erscheinen Jungtiere vor den ♂♂ zuerst aus dem Winterquartier, Fortpflanzungszeit von April bis Juli, entsprechend lange Sommerphase der Jungtiere des ersten Jahres.

Wanderungen/Reviere: Altersabhängig, ♂♂ und ♀♀ zur Fortpflanzungszeit fast stationär, 0,3 - 1,2 km Ausbreitungswanderungen, am deutlichsten bei Juvenes ausgeprägt.

Zauneidechse (Lacerta agilis )
© Foto: Frank Leo/fokus-natur.de

Entwicklung: Gelegegröße 9 - 14 Eier, Eier 8 - 9,5 mm breit, 11 - 15,2 mm lang und 412 - 725 mg schwer, Entwicklungsdauer im Freiland temperaturabhängig zwischen 53 und 73 Tagen, Schlüpflinge zwischen 20 - 30 mm Kopf-Rumpf-Länge, 45 - 64 mm Gesamtlänge und 450 - 550 mg schwer, Jungtiere zur ersten Überwinterung bis 40 mm KRL, Geschlechtsreife der ♀♀ mit drei Jahren, häufig erst im vierten Jahr, ♂♂ ausnahmsweise bereits mit zwei Jahren, in der Regel mit drei Jahren.

Nahrung: Ganztägig, krabbelnde Insekten und deren Larven, vorwiegend Käfer, Hautflügler, Zikaden, Heuschrecken, Schmetterlinge, aber auch Spinnen, Asseln, Ringelwürmer und Schnecken.

Alter: Bis 12 Jahre (im Terrarium älter)

Gefährdung und Status in Deutschland: Die Zauneidechse ist eine Art des Anhangs IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der Europäischen Union. Damit zählt sie in Deutschland zu den streng geschützten Arten.

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