In großen Teilen Deutschlands immer noch zu hohe Nitratkonzentration im Grundwasser

Industrielle Landwirtschaft ignoriert Schadstoffproblematik

Gülle versprühender Traktor
Foto: Pröhl/fokus-natur.de

Die Problematik ist alt, die zugehörigen Tatsachen und Wirkungskreisläufe sind seit langem bekannt: Die zu hohe Belastung des Grundwassers u.a. mit Nitrat als Folge der massiven Düngung und der Gülleausbringung durch die industrielle Landwirtschaft. Gülle ist ein Gemisch aus den Exkrementen der tierfabrikmäßigen (v.a.) Schweine- und Rinderhaltung, versetzt mit u.a. Antibiotika, Hormonen, anderen Futter-"Zugaben" sowie Desinfektionsmitteln, die notwendig sind, um derartige Bestandskonzentrationen von Rindern oder Schweinen infektionsfrei zu halten und auch rasch zur Schlachtreife zu bringen. Ein Cocktail, der bei anderer Herkunft als Sondermüll gelten würde, doch die Privilegierung der industriellen Landwirtschaft vollbringt hier erstaunliches: Gülle ist nicht (mehr) Gülle, sondern "wertvoller Wirtschaftsdünger", der zwei Probleme löst: Die Erzeugtierfabriken werden ihre Abprodukte los, die ausbringenden Landwirtschaftsbetriebe sparen Geld beim Zukauf von anderen Düngemitteln. Rücksicht auf die Umwelt und die Einwohner der umliegenden Dörfer wird nicht genommen. Zwar gibt es die Wasserrahmenrichtlinie, doch Papier ist bekanntlicherweise geduldig und politischerseits ist keine tatsächliche Problemlösung möglich und gewollt.
Dies ist die eine Seite der Medaille: Die andere liegt bei dem "mündigen Bürger", auch "Verbraucher" genannt. Für ihn ist es normal, soviel Fleisch konsumieren zu können, wie er möchte. Täglich Schinken, im Sommer an (nicht nur) den Wochenende Grillen ohne Mengenbegrenzung – diese in Deutschland weit verbreitete Ernährungsweise ermöglicht erst die Profitabilität der Tierfabriken. Erst eine Änderung unserer ressourcen- und energieverschwendenden Lebensweise (Stichwort: zunehmende Übergewichtigkeit in Deutschland) würde hier eine tatsächliche Änderung möglich machen.

„VSR-Gewässerschutz veröffentlicht Karte zu den Nitratkonzentrationen im Grundwasser

Schwerpunktbereiche im Nordsee-Einzugsgebiet werden deutlich

(Geldern, 4. 9. 2011) Seit mehreren Jahrzehnten untersucht der VSR-Gewässerschutz die Flüsse, Bäche sowie das oberflächennahe Grundwasser im deutschen Einzugsgebiet der Nordsee. In seinem Projekt "Nitratbelastungen unserer Gewässer" werden diese Daten im Hinblick auf die Eutrophierung der Nordsee ausgewertet. Eine der Ursachen dieser Überdüngung liegt im zu hohen Nährstoffgehalt der zufließenden Flüsse. Über 60 % der Nitratfrachten in Maas, Rhein, Ems, Weser und Elbe werden wiederum über das Grundwasser eingetragen. Daher werden neben den Flüssen auch die oberflächennahen Grundwasserleiter untersucht. Hier greifen die Gewässerschützer auf natürliche Quellen sowie auf von privaten Brunnennutzer dem Verein zur Verfügung gestellten Proben zurück. Die Ergebnisse aus den Jahren 2006 – 2010 wurden nun von der Dipl.-Kartographin Ulrike Vaasen in einer Karte dargestellt.

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) legt einen Wert von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasser als Obergrenze der Nitratbelastung fest. Dieser wird in vielen Regionen weit überschritten. Bei der Auswertung der Ergebnisse stellten die Gewässerschützer einige extrem belastete Schwerpunkte im Nordseegebiet fest, bei denen zu einem großen prozentualen Anteil die Vorgaben der WRRL überschritten wurden, zum Teil um das doppelte:

  • im Maaseinzugesgebiet die angrenzenden Bereiche zum Niederrhein mit den deutschen Nebenflüssen Rur, Schwalm und Niers;
  • im Rheineinzugsgebiet die Bereiche Vorderpfalz und Rheinhessen, sowie das bayerische Einzugsgebiet des Mains oberhalb von Würzburg;
  • im Emseinzugsgebiet die Regionen der rechten Nebenflüsse Hase und Leda;
  • im Wesereinzugsgebiet vor allem das Gebiet der Aller;
  • im Elbeeinzugsgebiet der Bereich der Saale und Mulde, sowie die Magdeburger Börde und die nördlich anschließende Altmark.

In diesen Belastungsbereichen werden aus der Landwirtschaft bzw. aus dem Gartenbau zu große Mengen an Dünger, Gülle oder Gärreste aufgebracht, sodass diese nicht ausreichend von den Pflanzen aufgenommen werden können. Oft ist in diesen Regionen der Nitratabbau im Boden bzw. im Grundwasserleiter sehr gering. Insbesondere sandige Böden führen zu einer stärkeren Nitratauswaschung ins Grundwasser.
Hohe Nitratkonzentrationen stellen nicht nur in den Flüssen, sondern auch bei der Nutzung des Grundwassers ein großes Problem dar. Besonders Eigentümer von Häusern und Gartenlauben ohne Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung sind auf sauberes Grundwasser für die Eigenversorgung angewiesen. Nach Trinkwasserverordnung darf die Nitratkonzentration nicht über 50 Milligramm pro Liter liegen. Aber auch das Wasser aus den Gartenbrunnen ist für viele Bürger nicht uneingeschränkt nutzbar. Bereits ab 25 Milligramm pro Liter kommt es beim Auffüllen eines Fischteiches zur erhöhten Algenentwicklung und ab 100 Milligramm ist es so belastet dass es beim Gießen zur Nitratbelastung in bestimmten Gemüse wie z.B in Salat, Rote Beete oder Spinat kommen kann.

Der VSR-Gewässerschutz fordert daher, dass auch außerhalb der Wasserschutzgebieten der Trinkwasserversorgung das Grundwasser flächendeckend vor Nitrateinträgen geschützt werden muss. In Wasserschutzgebieten führen Kooperationen zwischen Wasserversorgern und Landwirten dazu, dass der Eintrag von Nitrat ins Grundwasser reduziert wird. Außerhalb dieser Bereiche haben die Verordnungen und Gesetze, mit denen die Landwirtschaft zu einer bedarfsgerechten Düngung und damit geringeren Nitratauswaschung gebracht werden sollte, aber bisher ihr Ziel verfehlt. Der ökologische Landbau führt hingegen nachweislich zu einem wesentlich geringeren Nitratauswaschung und muss daher dringend stärker unterstützt werden, damit der Nitrateintrag aus den Flüssen in die Nord- und Ostsee reduziert wird und das oberflächennahe Grundwasser wieder von Bürgern ohne die großen Einschränkungen benutzt werden kann.

Die Nitratkarte kann auf der Homepage der Gewässerschützer unter www.VSR-Gewaesserschutz.de/15.html eingesehen werden oder auch als gefaltetes Plakat im Format DIN A1 gegen eine Unkostenerstattung von 13 Euro in der Geschäftsstelle der Gewässerschutzorganisation bestellt werden.

Geldern, den 4. September 2011

Dipl.-Phys. Harald Gülzow
Pressesprecher

Der direkte Kontakt: 0170 3856076


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