Ungewöhnliche Lobgesänge machen stutzig

Thüringer Landwirtschaftsminister Reinholz entdeckt Streuobstwiesen

Sommerliche Streuobstwiese
Foto: Michaela Steininger/NABU Gäu-Nordschwarzwald

Streuobstwiesen sind unverzichtbare Kulturlandschaftselemente, deren Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung höchste Priorität haben muß, denn Streuobstwiesen sind einer der artenreichsten Lebensräume in Mitteleuropa. Doch bisher waren sie, was u.a. den ministeriellen Förderblick betraf, eher Stiefkinder der Kulturlandschaftspflegeförderung und fielen seit 1990 thüringenweit und hektarweise dem Bau von z.B. Eigenheimsiedlungen, Gewerbegebieten, Straßen oder einfach der industriellen Landwirtschaft zum Opfer.

Auch heute sind sie vielerorts akut bedroht. Denn die gegenwärtige Landwirtschaftsförderung macht es möglich, daß von buchstäblich weither (Spanien, Polen usw.) geholte Äpfel preiswerter verkauft werden, als Äpfel von Thüringer Streuobstwiesen. So ist die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen zumeist eine Herzenssache von Naturfreunden, lokalen Initiativen oder Nebenerwerbslandwirten. Denn die geringen Fördersätze lassen eine angemessene, kostendeckende Pflege und extensive Bewirtschaftung, d.h. Mahd oder Beweidung, nicht zu. Auch die wenigen noch vorhandenen Berufsschäfer in Thüringen wissen hiervon ein Lied zu singen!

Eine Änderung ist nicht in Sicht und der im Thüringer Gesamthaushalt verschwindend geringe Förderbetrag von 1 Mio. Euro ist schöner Schein. Denn: Welcher Betrag wird gleichzeitig ausgegeben für die Förderung der industriellen Landwirtschaft, deren Intensivierung immer aggressiver vorankommt? Was wird gegen den Grünlandumbruch, dem auch Streuobstbäume anheim fallen, tatsächlich getan? Die Förderprogramme für Natur- und Kulturlandschaftspflege (NALAP bzw. KULAP), über die die Streuobstwiesenpflege gefördert werden kann (nicht muß!) werden Jahr für Jahr ausgedünnt. Ohne den Einsatz v.a. der Naturschutzverbände, regionaler Streuobstinitiativen und Liebhaber alter Obstsorten wäre die Thüringer Streuobstbilanz heute noch viel bescheidener, als sie ohnehin schon ausfällt. Deshalb kannn nur eine adäquate Förderung der Streuobstwiesenpflege die großen Verantwortung, die Steuobstwiesenbesitzer für die biologische Vielfalt in Mitteleuropa tragen, gerecht werden!


Quelle: www.thueringen.de/de/tmlfun/aktuell/presse/57403/uindex.html

Reinholz: Streuobstwiesen wichtig für Naherholung, kulturelle Identität und biologische Vielfalt

Thüringen verfügt aktuell über mehr als 1.600 Hektar Streuobstwiesen.

„Wir fördern die Erhaltung von Streuobstwiesen, weil sie einen wesentlichen Beitrag zur Naherholung, kulturellen Identität und zur biologischen Vielfalt leisten“, sagte Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz. Als geschützte Biotope werden sie bei der aktuell laufenden Biotopkartierung Thüringens erfasst. Sie sind geprägt durch hochstämmige Obstbäume. In Thüringen sind dies vor allem Äpfel, Pflaumen und Zwetschgen, Süßkirschen und Birnen. Streuobstwiesen kommen in allen Naturräumen Thüringens vor, werden mit zunehmender Höhenlage in den Mittelgebirgen Thüringens aber seltener und fehlen in den Kammlagen. In den Niederungen der reliefarmen, oftmals ausgeräumten Bereiche des Ackerhügellandes sind sie zwar selten, dort aber um so wichtiger als ästhetische Bereicherung der Landschaft mit einem hohen Erlebniswert. In einigen Orten, wie z. B. in Tiefengruben im Weimarer Land, finden alljährliche Obstmärkte oder Obstfeste statt, bei denen das Obst oder daraus erzeugte Produkte wie Obstweine, Gelees oder Obstkuchen angeboten werden.

Die Hauptvorkommen der Streuobstwiesen liegt in den mittleren Lagen reich strukturierter Hügelländer, so im Grabfeld, im Umfeld des Kyffhäuser oder in der Rhön. Streuobstwiesen befinden sich meist in unmittelbarer Ortsrandlage. Sie stellen deshalb insbesondere in überwiegend ackerbaulich genutzten Landschaften meist die ortsnächsten Räume dar, die zur Erholung besonders geeignet sind.

Streuobstwiesen sind ein wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Blüten und Früchte ziehen viele Insekten an und die oft höhlenreichen Bäume bieten Nistmöglichkeiten für viele Vogelarten. Auch der Gartenrotschwanz, der Vogel des Jahres 2011, kommt schwerpunktmäßig in hochstämmigen Obstgärten vor. Solche Bestände sind damit wichtige Elemente zur Erhaltung unserer biologischen Vielfalt. Je nach Größe und Zustand können die Streuobstwiesen von lokaler oder sogar landesweiter Bedeutung sein.

Da die Nutzung von Streuobstwiesen unter den derzeitigen agronomischen Rahmenbedingungen wenig attraktiv ist, sind sie vielerorts von der Nutzungsaufgabe bedroht. In der Roten Liste Thüringens werden sie daher in der Kategorie „stark gefährdet“ geführt. Um diesen Trend zu begegnen, bietet der Freistaat Thüringen zur Erhaltung und Pflege der Streuobstwiesen Vertragsnaturschutzprogramme an: Die entsprechende KULAP-Maßnahme richtet sich dabei an Landwirte, während mit NALAP Verbände, Vereine, Kommunen und Privatpersonen gefördert werden können. Im Jahr 2010 wurden über diese beiden Programme knapp 1 Mio. Euro an Fördermitteln für die Pflege von 2.584 Hektar Streuobstwiesen ausgereicht. Damit leisten die Teilnehmer am Vertragsnaturschutz einen wichtigen Beitrag für den Fortbestand dieses einzigartigen Lebensraumes. Weiterhin werden insbesondere über das Programm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL) auch Projekte zur Erhaltung von Streuobstwiesen gefördert, so im Thüringer Grabfeld oder im Weimarer Land. Mit Hilfe dieser Projekte werden auch Vermarktungswege für Streuobst aufgebaut und so das Interesse an der Nutzung der Streuobstwiesen wiederbelebt. Andere Projekte widmen sich schwerpunktmäßig der Erhaltung alter, regionaltypischer Obstsorten.

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