Rechtsstreit um Bayer-Pestizide beigelegt: Bienengefährlich – ja oder nein?
vom 20. April 2015
Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) darf Pestizide des Pharma-Konzerns Bayer als bienengefährlich bezeichnen. Die Diskussion hatten beide Parteien bis vor Gericht ausgefochten. Jetzt ist der Streit endgültig beigelegt. Ein Bayer-Sprecher sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Unternehmen verzichte auf eine Berufung gegen ein Urteil des Düsseldorfer Landgerichts. Hintergrund des Streits waren Äußerungen des BUND, der im vergangenen Jahr eine Broschüre mit dem Titel "Pestizidverkauf in Bau- und Gartenmärkten – BUND-Einkaufscheck" veröffentlicht hatte. Mit dieser wollen die Umweltschützer darauf aufmerksam machten, dass Verkäufer in Garten- und Baumärkten die Kunden sehr häufig falsch über den Einsatz verschiedener Unkraut- und Insektenbekämpfungsmittel informieren würden. In der Broschüre hatte der BUND Pflanzenschutzmittel von Bayer mit dem Wirkstoff Thiacloprid als für Bienen gefährlich bezeichnet.
Gericht: „Äußerungen sind durch Tatsachenkern gedeckt“
Bayer hatte wegen der Äußerungen eine einstweilige Verfügung gegen die Umweltschutz-Organisation erwirkt. Die hatte das Düsseldorfer Landgericht aber in einem Eilverfahren Mitte März wieder aufgehoben. Die Richter urteilten, der BUND dürfe die Aussage der Bienengefährlichkeit wiederholen, weil sie durch einen "Tatsachenkern" gedeckt seien.
Bayer hatte zunächst angekündigt, eventuell juristisch dagegen vorzugehen, will aber nun doch nicht in Berufung gehen. Nach Angaben des Bayer-Sprechers hat das Gericht mit seiner Entscheidung zwar das Recht auf Meinungsfreiheit gestärkt. Eine Einschätzung zur Qualität der Produkte liege damit aber nicht vor. Die Produkte seien „nach wie vor sicher“.
BUND: Produkte müssen vom Markt
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger rief Bayer und sein Tochterunternehmen CropScience dagegen dazu auf, die Produkte umgehend vom Markt zu nehmen. Die Gefährlichkeit der Pflanzenschutzmittel für Bienen sei "wissenschaftlich belegt". Konkret geht es um die Schädlingsbekämpfungs-Produkte "Schädlingsfrei Calypso" und "Zierpflanzenspray Lizetan" des Pestizidherstellers Bayer CropScience. Beide beinhalten den Wirkstoff Thiacloprid. Dieses gehört zur Klasse der Neonikotinoid-Wirkstoffe. Sie gelten mit als Auslöser des weltweit zu beobachtenden Bienenvölkersterbens. Daher hatte die EU-Kommission ab 1. Dezember 2013 die Zulassung für drei Neonicotinoide zunächst für zwei Jahre für bienenrelevante Kulturen wie zum Beispiel Raps eingeschränkt. Dagegen klagen die Hersteller Bayer und Syngenta derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof.
Jede zehnte Bienenart bedroht
Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission kam kürzlich zu dem Schluss: Jede zehnte Bienenart in Europa ist vom Aussterben bedroht. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella machte dafür die Intensivlandwirtschaft und den Einsatz von Insektiziden sowie Düngemitteln verantwortlich.
Der Großteil aller angebauten Pflanzen muss bestäubt werden um Qualität und Erträge zu steigern – laut Studie gilt das für 84 Prozent der wichtigsten Anbaupflanzen in Europa. Der geschätzte Wert der Bestäubung von Kulturpflanzen durch Bienen beträgt laut Studie jährlich weltweit rund 153 Milliarden Euro, in Europa sind es rund 22 Milliarden Euro. Die Studie wurde im Rahmen der Europäischen "Roten Liste" der Weltnaturschutzunion (IUCN) veröffentlicht und fasst erstmals Daten über alle 1.965 Wildbienenarten in Europa zusammen.
EU: weitere Studien zu umstrittenen Pesiziden notwendig
Die EU will derweil die Wirkung der umstrittenen Pesizide erneut unter die Lupe nehmen. Bis Ende Mai sollen laut der EU-Kommission neue wissenschaftliche Ergebnisse zu den Neonicotinoiden gesammelt werden. Eine Untersuchung des Wissenschaftsnetzwerks Easac kommt zu dem Schluss, dass die Nervengifte Honigbienen, aber auch anderen wichtigen Insekten erheblich schaden können.
Es sei noch zu früh, um zu sagen, was das Ergebnis dieses Prozesses sein könne, hieß es bei der EU-Behörde. Eine Gruppe von Wissenschaftlern sichtete für den neuen Bericht mehr als 100 Studien. Es gebe mehr und mehr Hinweise
darauf, dass der Einsatz dieser Wirkstoffe Folgen für eine Reihe von Organismen im Ökosystem habe, berichtete Easac, ein Verbund von Nationalakademien in Europa. Beispiele seien Hummeln, aber auch Wespen,
Käfer oder Regenwürmer.
Quelle: dpa, KNA, epd